Technik wird international entwickelt – aber verstanden werden muss sie überall. Damit komplexe Inhalte aus Maschinenbau, IT oder Medizintechnik weltweit korrekt genutzt, installiert oder gewartet werden können, braucht es mehr als nur Google Translate. Es braucht technische Übersetzer. Sie verbinden hochspezialisiertes Fachwissen mit sprachlicher Präzision – und bewegen sich damit in einem Berufsfeld, das kaum sichtbar, aber unverzichtbar ist. Dieser Beitrag zeigt, wo technischer Übersetzungsbedarf entsteht, welche Tools den Alltag erleichtern, wo Fehler teuer werden – und warum diese Karriere oft unterschätzt wird.
Präzision ist Pflicht: Wo technische Übersetzungen gefragt sind
Technischer Übersetzungsbedarf entsteht überall dort, wo Technologie dokumentiert, erklärt oder vermarktet werden muss. Die Einsatzbereiche sind so vielfältig wie die Technik selbst.
Branche | Typische Dokumente |
---|---|
Maschinenbau | Bedienungsanleitungen, Sicherheitsdatenblätter |
Medizintechnik | Gebrauchsanweisungen, klinische Studienberichte |
Automobilindustrie | Reparaturhandbücher, Software-Updates, Teilekataloge |
IT & Software | Benutzeroberflächen, API-Dokumentationen, Online-Hilfen |
Elektrotechnik | Schaltpläne, Prüfzertifikate, Installationsanleitungen |
Luft- und Raumfahrt | Wartungsdokumente, Fehlerdiagnosen, Pilot Manuals |
Chemie und Verfahrenstechnik | Laborberichte, Gefahrstoffkennzeichnungen |
In all diesen Bereichen gilt: Ein falscher Begriff kann Menschen gefährden oder millionenschwere Schäden verursachen. Deshalb brauchen technische Übersetzungen nicht nur sprachliches Fingerspitzengefühl, sondern auch tiefes Fachwissen.

Die unsichtbaren Stolperfallen: Typische Fehlerquellen
Fehler in technischen Übersetzungen sind oft schwer zu entdecken – und umso gravierender. Sie entstehen meist durch:
Falsche Terminologie: Besonders problematisch bei standardisierten Begriffen (z. B. Normen, ISO-Vorgaben).
Unklare Ausgangstexte: Viele Originaldokumente sind selbst ungenau oder fehlerhaft.
Kulturelle Unterschiede: Maßeinheiten, Warnhinweise oder Diagramme werden nicht lokalisiert.
Verlass auf maschinelle Übersetzung: Ohne fachliche Nachbearbeitung kann dies zu gefährlichem Unsinn führen.
Unzureichende Prüfung: Wenn kein Fachlektorat erfolgt, bleiben auch schwere Fehler oft unentdeckt.
➡️ Typischer Fall: In einer Übersetzung für ein medizinisches Gerät wurde „needle guard“ als „Nadelwächter“ statt „Nadelschutz“ übersetzt – mit potenziell gefährlichen Folgen für den Anwender.

Ein technischer Übersetzer sorgt dafür, dass komplexe Inhalte wie Produktbeschreibungen, Wartungshandbücher oder sicherheitsrelevante Dokumente nicht nur korrekt übersetzt, sondern auch normgerecht lokalisiert werden – in sämtlichen Zielsprachen und für globale Märkte. Gerade in hochregulierten Branchen wie Maschinenbau, IT und Medizintechnik ist die professionelle Fachübersetzung entscheidend dafür, dass Produkte rechtskonform genutzt und verstanden werden können.
Digital unterstützt: Software-Tools im Arbeitsalltag
Moderne technische Übersetzer arbeiten selten mit Word allein. Sie nutzen spezialisierte CAT-Tools (Computer Aided Translation), Terminologie-Datenbanken und Integrationen für Content-Management-Systeme.
Beliebte Tools im Überblick:
Toolname | Hauptfunktionen | Besonderheiten |
---|---|---|
SDL Trados Studio | Übersetzung, Terminologieverwaltung, TM-Systeme | Branchenstandard, viele Zusatzmodule |
memoQ | Übersetzungsumgebung mit hoher Automatisierung | Teamwork-freundlich, intuitive Oberfläche |
Across | Sicheres Projektmanagement und Terminologiearbeit | Deutsche Entwicklung, hohe Datensicherheit |
DeepL Pro | KI-gestützte Übersetzung, API-Anbindung | Sehr gute Rohübersetzungen, aber nur mit Post-Editing sinnvoll |
Xbench | Qualitätsprüfung und Konsistenzchecks | Ideal für Lektoren und Qualitätssicherung |
💡 Wichtig: Maschinelle Übersetzung ist kein Ersatz, sondern ein Werkzeug. Erst durch Post-Editing durch Fachkräfte entsteht ein verlässliches Ergebnis.
Besonders ein Tool spielt in der Arbeit technischer Übersetzer eine Schlüsselrolle – und sorgt regelmäßig für Diskussionen in der Branche.
Trados Studio im Check: Was ein technischer Übersetzer vom Marktführer erwarten kann
🛠️ Was das Tool kann – und was nicht
SDL Trados Studio gilt als das leistungsstärkste CAT-Tool für professionelle Fachübersetzungen. Für viele, die als technischer Übersetzer arbeiten, ist es nicht nur Arbeitsgrundlage, sondern Branchenstandard. Doch lohnt sich die Investition? Und was sollten Einsteiger wissen?
⭐ Bewertung auf einen Blick
Kriterium | Bewertung (1–5 ⭐) | Kommentar |
---|---|---|
Funktionstiefe | ⭐⭐⭐⭐⭐ | Extrem umfangreich – mit Modulen für alles |
Benutzerfreundlichkeit | ⭐⭐ | Steile Lernkurve – kaum selbsterklärend |
Terminologiepflege | ⭐⭐⭐⭐ | Sehr mächtig mit MultiTerm, aber komplex |
Dateiformate | ⭐⭐⭐⭐⭐ | Fast alle Formate (XML, HTML, INDD, JSON, etc.) |
Teamfähigkeit | ⭐⭐⭐⭐ | Gute Serverlösungen für größere Teams |
Support & Community | ⭐⭐⭐ | Viel Material, aber eher techniklastig |
Preis-Leistungs-Verhältnis | ⭐⭐ | Teuer für Einsteiger – aber fair für Profis |
🔍 Was spricht für Trados?
Präzise Kontrolle über Terminologie: Wer für Kunden mit festen Fachbegriffen arbeitet, kann mit Trados klare Termvorgaben durchsetzen.
Effizienz durch Translation Memories (TMs): Wiederholungen werden erkannt, was den Übersetzungsaufwand drastisch senkt.
Zahlreiche Plugins: Von Dateiumwandlung bis XML-Bearbeitung – Trados lässt sich stark anpassen.
Normgerechtes Arbeiten möglich: Besonders bei ISO 17100-Projekten nützlich.
🧱 Was sind die Schwächen?
Komplexität: Ohne Schulung ist das Tool für viele Einsteiger eine Zumutung.
Kosten: Die Lizenzpreise beginnen im dreistelligen Bereich – Updates sind ebenfalls kostenpflichtig.
Abhängigkeit vom System: Trados läuft nur auf Windows. macOS-Nutzer brauchen Umwege.
👩💻 Für wen eignet sich SDL Trados Studio?
Technischer Übersetzer mit Spezialisierung auf Fachtexte, Normdokumente oder umfangreiche Projekte profitieren enorm.
Weniger geeignet ist Trados für Gelegenheitsübersetzer oder kreative Werbetexte.
🎯 Fazit: Ein Profiwerkzeug – nicht mehr, nicht weniger
SDL Trados Studio ist wie ein Hochleistungsbohrer in der Werkzeugkiste eines technischen Übersetzers: teuer, schwer, aber unerlässlich für komplexe Aufgaben. Wer als technischer Übersetzer langfristig arbeiten möchte – speziell in regulierten Branchen wie Medizintechnik, Maschinenbau oder Luftfahrt – kommt um Trados kaum herum. Wer sich aber scheut, Zeit in Schulung und Einrichtung zu investieren, sollte sich nach Alternativen wie memoQ oder Across umsehen.
Was verdient ein technischer Übersetzer?
Das Gehalt eines technischen Übersetzers hängt stark von Erfahrung, Spezialisierung und Branche ab. Auch ob man angestellt oder freiberuflich arbeitet, beeinflusst das Einkommen stark.
Erfahrungslevel | Anstellung (brutto/Monat) | Freiberuflich (Stundensatz) |
---|---|---|
Einsteiger | 2.800 – 3.500 € | 35 – 45 € |
Mit Erfahrung (3–5 J.) | 3.600 – 4.800 € | 45 – 65 € |
Hochspezialisiert | 5.000 €+ | 70 – 100 €+ |
Besonders lukrativ sind Spezialisierungen in der Medizin- und Pharmaindustrie, Luftfahrt, oder bei komplexer Softwaredokumentation.
Freiberufliche Übersetzer mit exzellenten Fachkenntnissen können zudem Zuschläge für Expressübersetzungen, Formatierung oder Lektorate verlangen.
Karrierepfade und Perspektiven
Ein technischer Übersetzer muss mehr als nur zwei Sprachen beherrschen. Gefragt sind auch technisches Verständnis, Recherchekompetenz und ein Gefühl für Zielgruppen.
Einstiegsmöglichkeiten:
Studium: Fachübersetzen, Technische Kommunikation, Sprach- und Ingenieurwissenschaften
Quereinstieg: z. B. Ingenieure mit sprachlicher Zusatzqualifikation
Weiterbildung: IHK-Zertifikate, tekom-Qualifikationen, Fachseminare
Aufstiegschancen:
Fachlektorat oder Qualitätssicherung
Projektmanagement für Übersetzungsprojekte
Technischer Redakteur mit Übersetzungsschwerpunkt
Freelancer mit Agenturkooperationen oder Direktkunden
Mit zunehmender Erfahrung und Spezialisierung öffnen sich auch internationale Karrierewege – besonders bei Unternehmen mit globaler Produktverantwortung.
Wer überlegt, selbst technischer Übersetzer zu werden, sollte wissen, was dafür nötig ist – und was einen im Alltag erwartet.
Technischer Übersetzer: Anforderungen und Aufgaben im direkten Vergleich
✅ Was man mitbringen sollte | ⚙️ Was man im Job konkret macht |
---|---|
Fachspezifisches Wissen in Technik, Naturwissenschaft oder IT | Bedienungsanleitungen, Handbücher und Produkttexte übersetzen |
Sprachkompetenz auf muttersprachlichem Niveau | Zielsprache an kulturelle Konventionen anpassen |
Kenntnisse in Terminologie-Management und CAT-Tools | Terminologie-Datenbanken pflegen und weiterentwickeln |
Präzises Textverständnis & Recherchefähigkeit | Unklare oder fehlerhafte Ausgangstexte korrigieren |
Grundlagen im Projektmanagement | Mit Entwicklern, Redakteuren und Prüfstellen abstimmen |
Ausbildung oder Studium in Übersetzen, Technik oder Sprache | Fehlerprüfung (Lektorat, Qualitätssicherung) |
Zertifizierungen (z. B. tekom, IHK, ISO 17100) | Übersetzungen für verschiedene Zielmärkte lokalisieren |
Geduld und Liebe zum Detail | Technische Standards und Normen berücksichtigen |
🌐 Ergänzender Hinweis:
Ein technischer Übersetzer muss oft gleichzeitig als Redakteur, Lektor und Problemlöser agieren – besonders bei unvollständigen oder schlecht verfassten Originaltexten. Gute Kommunikation mit Auftraggebern ist daher ebenso entscheidend wie das sprachliche Können.
Sprachprofis mit Zukunft
Technische Übersetzer sind keine reinen „Textarbeiter“, sondern Schnittstellenmanager zwischen Sprache und Technologie. Sie sichern nicht nur das Verständnis, sondern auch die Funktionalität komplexer Systeme über Sprachgrenzen hinweg. Die Nachfrage wächst – denn jede Innovation muss verständlich erklärt, dokumentiert und lokalisiert werden. In einer Welt, in der Technik global, aber Menschen lokal arbeiten, ist dieser Beruf zukunftsfest und entscheidend.
Wie sieht der Alltag eines erfahrenen technischen Übersetzers wirklich aus? Ein Gespräch mit einem Profi zeigt, worauf es ankommt.
Ein technischer Übersetzer berichtet: Beruf, Alltag und persönliche Erfahrungen
Ein Gespräch mit Jonas R., technischer Übersetzer und Fachlektor
Redaktion: Jonas, du arbeitest seit über zehn Jahren als technischer Übersetzer. Wie kamst du zu diesem Beruf?
Jonas R.: Ganz klassisch über Umwege. Ich habe zunächst Maschinenbau studiert, dann aber schnell gemerkt, dass ich lieber schreibe als konstruiere. Ich hatte immer ein Faible für Sprache, also habe ich ein Aufbaustudium in Fachübersetzen gemacht. Heute kombiniere ich beides – technisches Verständnis und sprachliche Präzision.
Redaktion: Was unterscheidet einen technischen Übersetzer von anderen Übersetzern?
Jonas R.: Der größte Unterschied liegt im Risiko. Wenn ich einen Marketingtext schlecht übersetze, klingt er vielleicht unprofessionell. Wenn ich aber einen Warnhinweis in einer Anleitung falsch übersetze, kann das Menschen gefährden. Wir übersetzen nicht Wörter, wir übersetzen Verantwortung.
Redaktion: Was sind typische Herausforderungen in deinem Arbeitsalltag?
Jonas R.: Die Texte sind oft sehr trocken – aber das ist nicht das Problem. Schwieriger ist, dass viele Ausgangstexte fehlerhaft oder unvollständig sind. Dann muss ich zuerst herausfinden, was der Autor überhaupt meinte. Außerdem arbeiten wir oft mit sehr engen Deadlines und komplexen Tools wie Trados oder memoQ.
Redaktion: Apropos Tools – wie wichtig ist Technik in deinem Beruf?
Jonas R.: Extrem wichtig. Ein technischer Übersetzer ohne CAT-Tool ist wie ein Programmierer ohne Editor. Tools wie Trados sparen Zeit, sichern Terminologie und helfen bei Wiederholungen. Aber man darf sich nicht darauf verlassen – die finale Verantwortung liegt immer beim Menschen.
Redaktion: Gibt es einen Übersetzungsfehler, der dir besonders im Kopf geblieben ist?
Jonas R.: Ja. Ein Kollege hatte „torque limiter“ mit „Drehmoment-Begrenzer“ statt „Drehmomentbegrenzer“ übersetzt. Das klingt banal, aber bei der Suche im Ersatzteilkatalog war die Maschine nicht auffindbar – Produktionsstopp. So lernt man: Präzision ist kein Luxus.
Redaktion: Wie schätzt du die Zukunftschancen für technische Übersetzer ein?
Jonas R.: Sehr gut. Die Welt wird technischer und gleichzeitig internationaler. KI hilft uns, aber ersetzt uns nicht. Wer technisch fit ist, gut recherchieren kann und bereit ist, sich ständig weiterzubilden, wird immer gebraucht. Und es ist ein erfüllender Beruf – auch wenn ihn kaum jemand kennt.
Redaktion: Was würdest du Berufseinsteigern raten?
Jonas R.: Sucht euch ein Fachgebiet, das euch interessiert – egal ob Medizintechnik, IT oder Automobil. Baut euch ein solides Terminologie-Management auf. Und bleibt neugierig. Der Beruf ist still – aber nicht langweilig.
👤 Über Jonas R.
Jonas R. ist seit 2012 als technischer Übersetzer und Fachlektor tätig. Seine Schwerpunkte liegen in der Maschinenbau- und Medizintechnikbranche. Neben der Übersetzung komplexer technischer Dokumente betreut er Kunden im DACH-Raum bei der Qualitätssicherung und Terminologiearbeit.
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